I.
Draußen hat der Nebel die Welt fest im Griff.
Wenn die Sonne auftaucht, hängt sie kraftlos im Grau
Wie eine blasse Oblate
Der der Lebkuchen abhanden gekommen ist.
(Seit August im Regal fallen die
Weihnachtlichen Plaisierchen wie
Dominos
Genuss hat jetzt immer Saison und kostet nur
Prinzipien)
Vereinzelt noch krallen gelbe Fähnchen sich an Äste, auch
Wenn die Kraft schwindet
Es knirscht, der Rau reif im Bodenlaub
Letzte greise Kürbisse welken auf ihren Mülltonnenhäuschen
Mit eingefallenem Gesicht wächst
In den Zahnlücken eine Schimmelkollektion in Herbsttönen
Keine Schmeißfliegen, aber unmittelbar
Daneben baut ein Nachbar sein leuchtendes Rentier auf
Ein anderer seilt seinen Santa vom Balkon ab
Während jeder Nerv dagegen rebelliert, dass es
Jetzt zu jeder Tages- und Nachtzeit dunkel ist
(SOLARplexus)
Es ist so betrachtet die allerschlimmste Jahreszeit
Vor Weihnachten
II.
Und dann sitzt man im Bus
(Wo man auch das restliche Jahr sitzt)
Und fühlt sich unwohl
(Was man auch das restliche Jahr mal fühlt, aber nicht so oft)
weil
Auch hier ist Advent
Und sollte man davon nicht irgendetwas merken?
Ist nicht auch auf der Post Advent?
An der Haltestelle?
Im Kopierraum?
Liegt es an mir oder ist es hier einfach nicht besonders weihnachtlich
Vor Weihnachten?
III.
Nichts ist genug irgendwas.
Nicht besinnlich
Nicht leise
Nicht fröhlich
Nicht selig
Nicht still genug.
Man spürt vor allem sich selbst,
Den Schweiß in den eigenen Achselhöhlen beim
Türmen unnützer Trag- und Platzierbarkeiten
In Taschen
In Wägen
In check-out-tools
Wie man nicht zufrieden ist, weil
Wer wird sich schon freuen?
Wer braucht schon etwas?
Nur man selbst braucht
Eine Pause.
Vor allem das.
Wenn es die gäbe, dann würde es sich vielleicht einstellen –
Das Gefühl
Die Besinnlichkeit
Die Stille
Das Genug
Bis dahin gilt es durchzuhalten
Und den Geschenkturm sicher an Kasse 4 zu
manövrieren
Damit man schnell weiterkommt
Zum Parkhaus
Auf die Straße
Pünktlich!
In ein Lokal
Zur besinnlichen Weihnachtsfeier in
Gemütlicher kleiner Runde
Aber nicht lang weil
Morgen ist ein harter Tag, auf Arbeit wie im Privaten,
Man wird ranklotzen müssen und
Noch was wegschaffen
Vor Weihnachten
IV.
Und doch:
Jedes Jahr
Ob man will oder nicht
Ob man bereit ist oder nicht
Kommt Weihnachten
Überfährt es uns
Tannennadelherb
Plätzchenschwadensüß
Kaminfeuerwarm
Kerzenlichtscheinfunkelnd
Erfasst es uns
Christstollenschwer
Lobliedfromm
Geschenkpapierraschelnd
Freudenlachend
Man steht zusammen, sieht auf den Baum
Die Krippe
(Den Fernseher – was ist schon Tradition als eine Summe der Gewohnheiten!)
Wichtig nur: gemeinsam
Und alle Erwartungen, die man
Nie hatte
Sind plötzlich erfüllt
Vielleicht erklärt das alles:
Dass man alleine wartet,
Aber gemeinsam feiert
Vielleicht macht das schon allen Unterschied
An Weihnachten